Behind the Curtain
Hans-Joachim Flebbe hat aus seiner Liebe zum Film ein Geschäft gemacht. Mit COMPANION spricht er über Premiumkinos, stinkende Nachos und Lob aus Hollywood.
Companion: Herr Flebbe, allerorten hört man: Das Kino stirbt. Schaut man sich Ihre Läden an, sieht es aber noch ziemlich lebendig aus.
Hans-Joachim Flebbe: Das Kino ist nicht tot. Im Gegenteil: Trotz der Konkurrenz der Streaming-Dienste hat das Kino seine Position gefestigt – weil es immer noch etwas Besonderes ist, einen Film auf der großen Leinwand und in der Gemeinschaft mit anderen Besuchern zu erleben. Allerdings müssen die Kinobetreiber sich auf die veränderten Ansprüche der Besucher einstellen und umdenken: mehr Service, mehr Bequemlichkeit, mehr Luxus.
Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Kinobesuch?
Wie an den ersten Kuss erinnert man sich auch an den ersten Kinobesuch ein Leben lang. Ich war sechs Jahre alt und sah „Die Glenn Miller Story“, weil mein Vater großer Fan des Posaunisten war. Ich war völlig überrascht, wie so viele Menschen auf der Bühne erscheinen konnten – ich hatte vorher nur Kindertheaterstücke gesehen.
Wann haben Sie sich entschlossen, ins Kinobusiness einzusteigen?
Als Student war ich leidenschaftlicher Kinobesucher und ärgerte mich oft, dass Filme, die ich gern sehen wollte, nicht in die Kinos kamen. Ich begann meine Karriere also als Programmberater und Kassierer im Apollo in Hannover, einem kleinen Vorort-Kino. Und im Laufe der Jahre habe ich dann selbst eine größere Kette von anspruchsvollen Filmkunst- und Programmkinos aufgebaut.
Obwohl Sie damit recht erfolgreich waren, haben Sie bald die Marke Cinemaxx gegründet – große, vergleichsweise gefühllose Multiplexkinos. Warum?
Bei der Renovierung der Filmtheater stieß ich bei dem Versuch, das ideale Kino zu bauen, immer wieder an bauliche Grenzen. Also habe ich mit einem befreundeten Architekten eineinhalb Jahre an unserer Vorstellung von einem großen Kinopalast mit riesiger Leinwand und großem Foyer getüfftelt und 1991 die ersten Multiplexkinos in Deutschland unter dem Namen Cinemaxx eröffnet. Ende der 1990er-Jahre waren wir durch die Übernahme anderer Ketten einige Zeit Europas größter Kinobetreiber. Ich habe Kinoprojekte von Adana an der türkisch-syrischen Grenze bis nach Oslo entwickelt und zum größten Teil auch gebaut, bevor die Banken ängstlich wurden, ich die Kredite zurückführen und neue Partner aufnehmen musste. Ich bin dann 2008 aus dem Cinemaxx-Konzern ausgeschieden.
Heute betreiben Sie vor allem „Premiumkinos“ – setzen also auf eine ältere Zielgruppe. Glauben Sie, dass sich das langfristig bewährt?
Nach meinem Abschied habe ich sofort meine Idee umgesetzt. Hier sollte alles anders werden als in den Popcorn-Multiplexen: Platzwahl und Kartenkauf im Internet, Valet-Parking, keine Schlange an der Kasse und der Bar, ein Doorman, Begrüßungscocktails, kostenlose Garderobe und Ledersessel, die zum Liegen einladen. Dazu beste Bild- und Tonqualität und ausreichend Servicekräfte, die den Gast sogar an seinem Platz bedienen. Seit 2008 haben wir unter anderem zwei Astor Film Lounges in Berlin und Köln eröffnet, das große Astor Grand Cinema in Hannover und das Kino Savoy in Hamburg. Im nächsten Jahr folgen Häuser in der Hamburger Hafencity, München und Frankfurt.
Warum gibt es in vielen Ihrer Kinos kein Popcorn?
Multiplexkinos erwirtschaften darüber einen guten Teil Ihres Umsatzes. Um uns von den Popcorn-Multiplexen mit den üblichen Begleiterscheinungen – Dreck und Geruch – abzuheben, gibt es bei uns kein Popcorn und keine Nachos mit Soße, auch wenn wir dabei auf Einnahmen verzichten. Bei uns gibt es dafür Cocktails, gute Weine, Kaffee und Kuchen und Fingerfood. Das spricht übrigens nicht nur ältere Besucher an. Menschen, die Komfort und Stressfreiheit genießen, geben dafür auch etwas mehr Geld aus.
2013 haben Sie mit dem Zoo Palast ein Wahrzeichen Berlins wiederbelebt. Rechnet es sich heute überhaupt noch, solch ein großes Kino zu betreiben oder steckt nur Idealismus dahinter?
Der Zoo Palast ist ein Herzensprojekt. Das bekannteste und beliebteste deutsche Kino zu führen, ist für mich ein Höhepunkt in meiner langen Karriere. Mit dem Besitzer, der Bayerischen Hausbau, und der Berliner Architektin Anna Maske haben wir es in Abstimmung mit der Denkmalbehörde sorgsam und sorgfältig restauriert, aber mit moderner Ton- und Bildtechnik versehen. Der Erfolg ist überwältigend und bei den zahlreichen Premieren bekommen wir regelmäßig Lob von Schauspielern und Regisseuren – Steven Spielberg, Tom Hanks, Quentin Tarantino und Ben Stiller beispielsweise waren ganz begeistert von der tollen Atmosphäre. Und wenn die Besucher dann noch den freundlichen Service unserer Mitarbeiter loben, macht mich das umso stolzer.