Blau Pause
Für Companion hat Autorin Theresia Enzensberger ungewöhnliche Bauhaus-Orte in unseren 25hours Hotels Städten zu einer Landkarte der anderen Art zusammengestellt
Das Bauhaus hat nahezu 100 Jahre auf dem Buckel. Noch heute empfinden wir das, was die 1919 von Walter Gropius als Kunstschule gegründete Architektur- und Designbewegung hervorgebracht hat, als richtungsweisend. „Mich hat die Moderne, insbesondere das Bauhaus, schon immer fasziniert“, sagt Theresia Enzensberger. Die junge Publizistin der unabhängigen Literaturzeitschrift Block hat in diesem Jahr ihren Debütroman „Blaupause“ veröffentlicht, dessen Erzählung sich um das Leben der Berliner Studentin Luise Schilling am Bauhaus der 20er-Jahre dreht. Für ihre Recherchen zum Buch hat sich Theresia intensiv mit der in Weimar gegründeten Schule beschäftigt, die später nach Dessau und dann nach Berlin zog, aber auch an vielen anderen Orten ihre Spuren hinterlassen hat. Nicht nur in München, Frankfurt und Hamburg, auch in Zürich und Wien. Für diese Ausgabe von COMPANION hat die Autorin ungewöhnliche Bauhaus-Orte in unseren 25hours Hotels Städten zu einer Landkarte der anderen Art zusammengestellt – vielleicht dient sie dem einen oder anderen gar als Blaupause für einen gestalterischen Roadtrip.
Companion’s Bauhaus Map
Schokolade aus Berlin
Bauhaus … und Schokolade! Das gibt es bei Erich Hamann in Berlin-Wilmersdorf. Das alteingesessene, 1912 gegründete Geschäft ist spezialisiert auf bittere Schokoladen, die zum großen Teil noch von Hand hergestellt werden – die Produktionsstätten befinden sich im selben Gebäude. Die Inneneinrichtung des Ladens wurde 1928 von Johannes Itten entworfen, jenem Designer, Maler und Theoretiker, der das Bauhaus ganz besonders in seinen Entstehungsjahren prägte. In der Brandenburgischen Straße kann man so seine glänzenden Holzvitrinen bewundern, bittersüße Pralinen probieren und natürlich tafelweise Schokolade kaufen.
Bewegung in Wien
Sportliche Ertüchtigung galt als eine der Säulen im Leben eines Bauhaus-Schülers. Wo in Weimar noch gewandert und geturnt wurde, kamen nach dem Umzug nach Dessau 1925 das Tanzen und das Fechten als Leibesübungen in Mode. Die naturorientierte Reformbewegung, allen voran die Wandervögel, die ab der Jahrhundertwende in ganz Europa unterwegs waren, propagierten Bewegung an der frischen Luft. Wer es dieser Jugendbewegung nachtun will, kann in Wien wunderbar die Stadtwanderwege erkunden! Die Stadt hat dafür sogar eine App entwickelt, im App-Store zu finden unter „Wanderwege Wien“. Der Stadtwanderweg 1 führt zum Beispiel auf den Kahlenberg, von wo aus man einen herrlichen Blick über die ganze Stadt genießt.
wien.gv.at/umwelt/wald/freizeit/wandern/wege
Die Frankfurter Küche
Die 1926 entworfene Frankfurter Küche gilt als Urtyp der modernen Einbauküche und Meilenstein der Innenarchitektur. Deren Designerin, Margarete Schütte-Lihotzky, studierte zwar nicht am Bauhaus, gilt aber als Architektur-Pionierin und ihr sozialer Entwurf entsprach den Bauhaus-Prinzipien: Funktionalistisch, praktisch und schnörkellos gilt er als Urtyp der modernen Einbauküche. Die neue Kompaktheit und kurze Laufwege auf sechseinhalb Quadratmetern bedeuteten damals eine echte Revolution. Die einzige öffentlich zugängliche Küche im ursprünglichen Raum befindet sich im Ernst-May-Haus in der Frankfurter Römerstadt. Das gesamte Haus kann man unter der Woche ohne Voranmeldung besichtigen.
Bauhaus Dessau für Ausflügler
In Dessau war im neu errichteten Bauhaus-Gebäude der Wohntrakt für die Studenten, das sogenannte Prellerhaus, der Mittelpunkt allen Lebens: Dort wurde gefeiert und gelernt, im Sommer saß man auf den winzigen Balkonen und unterhielt sich rufend über die Geländer hinweg. Heute können Besucher nicht nur das gesamte Gebäude besichtigen, sondern sogar im Prellerhaus übernachten. Die Zimmer sind geräumig und schlicht, die stahlgerahmten Fenster sorgfältig restauriert und die Betten etwas bequemer als in den 1920er-Jahren. Man teilt sich ein Bad und eine Teeküche und die Balkone sind immer noch begehbar – gesetzt dem Fall, man ist schwindelfrei.
Hamburgs Stilikonen
Die Bauhaus-Jahre gelten in Fragen der Gestaltung als richtungsweisend. Weil Fortschritt Wandel bedeutet, wurde das Design jener Schule von kommenden Generationen dennoch weiterentwickelt. Wer sich ansehen will, wie es um zeitgenössisches Möbeldesign steht, dem sei das Stilwerk empfohlen, ein Möbelkaufhaus, dessen Hamburger Dependance am Fischmarkt in einem riesigen rot geklinkerten Gebäudekomplex beheimatet ist. Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Bauhauses 2019 hat das Stilwerk schon jetzt exemplarisch 100 Dinge jener Zeit zusammengetragen: Stilikonen, die heute noch erhältlich sind – und noch genauso inspirieren wie damals.
stilwerk.com/de/microsite/100-jahre-bauhaus
Zürich für Vegetarier
In der Bauhaus-Kantine wurde strikt vegetarisch gekocht! Das setzte damals der Meister Johannes Itten durch. Überhaupt war eine Ernährung ohne tierische Produkte in den frühen 1920er-Jahren unter den Reformern schwer populär; die Bewegung setzte auf einen progressiv-gesunden Lebensstil, inklusive Atemübungen und Ertüchtigung und gelegentlichen Fastens. Im Hiltl in Zürich lässt sich im ältesten vegetarischen Restaurant Europas heute noch fleischfrei genießen. Gegründet wurde es 1898, auf der Karte stehen urige Gerichte wie Rösti mit Gemüse und Pilz Stroganoff und in der hauseigenen Akademie kann man sogar Kochkurse belegen.
Gemeinschaftsgeist in München
Auch Bernhard Borst studierte nicht am Bauhaus. Man kann jedoch davon ausgehen, dass ihn ähnliche Gedanken umtrieben, wie sie am Bauhaus diskutiert wurden, als er die Wohnsiedlung Borstei entwarf und zwischen 1924 und 1929 erbaute. Vor allem der Gemeinschaftsgedanke, wie er auch am Bauhaus großgeschrieben wurde, war dem Architekten wichtig. Er lebte selbst in einem der von ihm erdachten Mehrfamilienhäuser und organisierte Gartenkonzerte, Faschingsfeiern und Sommerfeste. Vielleicht ist es deshalb so schön, dort spazieren zu gehen: Der gemeinschaftliche Geist hat sich bis heute erhalten, die Anwohner kaufen in der Ladenstraße ein und treffen sich im eigenen Café Borstei. Auch ein kleines Museum im Nordteil der Siedlung lockt die Interessierten.
Kantinencafé in Weimar
Auf dem Vorplatz der Bauhaus-Universität Weimar steht ein kleines Haus mit einem Glasdach. Als ehemaliges Atelier eines Künstlers wurde es in den 1920er-Jahren von der Bauhaus-Leitung zur Kantine umfunktioniert und vom Bauhaus-eigenen Garten beliefert. Heute kann man dort Kaffee trinken, Bücher und Postkarten kaufen, die von Weimarer Studenten entworfen wurden. Und sogar einen Bauhaus-Spaziergang buchen, der durch das Van-de-Velde-Gebäude und auch in das ehemalige Direktorenzimmer von Großmeister Walter Gropius führt.