Frankfurt’s Book Heaven
Auf der Frankfurter Buchmesse übernachten? Eine verlockende Idee – aber bislang unmöglich. Der Kein & Aber-Verlag hat sich gemeinsam mit 25hours Hotels angeschickt, das zu ändern.
„Zuerst hatten wir über eine Bar auf dem Dach nachgedacht, aber dann haben wir uns doch für das Pop-up-Hotel entschieden“, sagt Peter Haag. Der Zürcher Verleger des Kein & Aber-Verlags sitzt in einem Vintagesessel mit orangefarbenen Polstern im Empfangsraum seines ungewöhnlichen Messestandes. Draußen eilt das Publikum der Buchmesse über die Agora, den großen freien Platz zwischen den Messehallen, in denen die Berge neuer Bücher schlummern. Was sich Peter Haag zusammen mit den 25hours Hotels für das jährlich stattfindende weltgrößte Publishing-Event im Oktober 2017 ausgedacht hat, ist hier eine kleine Attraktion: Vier Frachtcontainer haben sie übereinander gestapelt, jeder in einer anderen Farbe. Und ganz oben: ein „Penthouse“, ein Hotelzimmer mit allen Annehmlichkeiten, inklusive Frühstück und Zimmerservice von 25hours Hotels.
Die Übernachtungen wurden unter den Gästen der Buchmesse verlost und jeden Abend schaute einer der Autoren des Verlags mit seiner Gutenachtgeschichte vorbei, darunter Ayelet Gundar-Goshen, Hazel Brugger oder Michalis Pantelouris. Private Mini-Lesungen am Bett des Schlafgastes? Ein ungewöhnliches Ereignis, an dem dank einer Liveübertragung auch Gäste in der Bar teilnehmen konnten. Im Turmzimmer selbst gab die Glasfront hoch über und fernab des Messetrubels den Blick auf Messeplatz und die Frankfurter Bankentürme frei. Das war auch der ausdrückliche Wunsch von Peter: „Das Hotel muss auf den Messeturm ausgerichtet sein. Ich wollte, dass dieser Turm sich in unserem Turm spiegelt“, sagt er. Und fügt dann mit Blick auf die Skyline hinzu: „Das geht natürlich nur in Frankfurt, diese Stadt ist eine amerikanische Version der deutschen Städte.“
Bei der Umsetzung der Idee ging es dann aber doch wieder bürokratisch deutsch zu: „Natürlich gab es etliche Bedenken“, erinnert sich Peter. „Sicherheitsvorschriften und so weiter. Aber wir waren so überzeugt von der Idee, dass wir es durchgezogen haben.“ Aus einem kleinen Raum etwas Gemütliches und Schönes zu machen, ist aber gar nicht so einfach. Dem Hoteldesigner Michael Dreher ist es gelungen – er hat sich nämlich ein Überthema gesucht: Von A nach B. „Schnell war klar, diesmal verwandelt der Container sich in das Hotelzimmer, vollgestopft mit Zitaten und Verweisen rund um das Thema Reisen in seiner Urform“, sagt Michael.
Die Einrichtung bedient das Thema eklektisch: „Die Tapete mit den Cumulus-Wolken ist der holländischen Malerei entliehen, wo diese Wolken schon im 17. Jahrhundert für Freiheit standen. Der Faltschrank ist als ehrwürdiger Hochzeitsschrank verkleidet. Der Sessel wurde aus Autoreifen gefertigt, lästigen Abfallprodukten der westlichen Gesellschaft.“ Und da Michael das Pop-up-Hotel auch für einen Verlag entwarf, durften natürlich auch Bücher nicht fehlen. Einer Kunstinstallation gleich bedecken sie rechterhand neben dem Bett eine ganze Wand. Jedes ist auf einer anderen Seite aufgeschlagen und versucht den Besucher in seinen Bann zu ziehen. „Ihre aufgeschlagenen Seiten erzählen Geschichten vom Weggehen, Ankommen und Für-immer-Bleiben“, sagt Michael.
Das Konzept des Pop-up-Hotels sieht er jedoch eher als künstlerische Spielerei: „Salonfähig wird das Pop-up-Hotel in Zukunft nicht; und der Container wird immer das Image einer Bleibe auf Zeit haben.“ Pop-up-Hotels tauchten in den vergangenen Jahren immer wieder an allen Orten der Welt auf: In Tel Aviv beispielsweise nutzte das israelische Tourismusministerium für eine Werbeaktion einen alten Rettungsschwimmerturm am Strand und stattete das Häuschen mit freistehender Wanne, Doppelbett und Designlampen aus. Manchmal entstehen Pop-up-Hotels aber auch für ein Publikum, das noch immer das Abenteuer von Camping oder auf Festivals sucht, dort aber nicht mehr auf den Luxus eines Hotels verzichten möchte. Die Unterkünfte sind dann meist größere Zelte, die mit richtigen Betten, fließendem Wasser und sogar WLAN ausgestattet sein können. Je nach Betreiber steigt auch der Luxus. So hat das Glastonbury-Festival in England unlängst ein Pop-up-Camp aus Pavillons und Zelten aufgebaut, das sogar Aufenthaltsräume mit Samtsofas und Flatscreenfernseher bot. Die Botschaft: In der Natur zu übernachten, muss kein Verzicht auf Annehmlichkeiten mehr bedeuten.
Auch in Frankfurt waren die Gäste von der Ausstattung des Buchmessen-Hotelzimmers „total begeistert“, erzählt Verleger Peter Haag, der am Morgen mit jedem einzelnen gesprochen hat. Für Designer Michael Dreher war das Messeabenteuer auch eine Gelegenheit, ein paar neue Ideen für den 25hours Hotels-Standort in der Metropole am Main auszuprobieren, wo demnächst das The Goldman Frankfurt ausgebaut werden soll. „Der rechte Teil des Gebäudes ist frei geworden. So entstand die Idee, das Hotel zu vergrößern“, sagt Michael. Wie genau es dann dort aussehen wird, möchte er noch nicht verraten. Nur so viel: Der Ausbau wird Ideen des Messe-Pop-ups aufnehmen. Welche das sind? Davon darf man sich überraschen lassen.